Geldmarkt: Einfluss der Zentralbank durch Zinssteuerung

Der Geldmarkt bildet einen Teil des gesamten Finanzmarkts. Er spielt eine zentrale Rolle, um Banken mit Kapital zu versorgen und somit ihre Liquidität zu sichern. Zugleich hat der Geldmarkt eine ausgleichende Funktion, denn Geschäftsbanken sowie die Zentralbank können Überschüsse an andere Banken sowie Unternehmen verleihen. Im Gegensatz zum Kapitalmarkt sind die Laufzeiten deutlich kürzer. Die Zentralbank übernimmt auf dem Geldmarkt eine entscheidende Rolle ein, denn sie legt den Leitzins fest, der die Konditionen für die Refinanzierung der Banken sowie letztlich die Konditionen für Verbraucherkredite beeinflusst. In diesem Ratgeber erhalten Sie Antworten auf alle wichtigen Fragen rund um das Thema „Geldmarkt“.

Daniel Winterl

Redaktionsleitung FinanceScout24


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Zuletzt aktualisiert: April 27, 2023

Author Daniel Winterl

Daniel Winterl

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Daniel Winterl verantwortet als gelernter Betriebswirt die Finanz- und Versicherungsthemen bei FinanceScout24, um Ihnen die wichtigsten Infos bei ihrer Suche zur Verfügung zu stellen und das richtige Angebot für Sie zu finden.

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Inhaltsverzeichnis
     

    Was ist der Geldmarkt?

    Der Geldmarkt lässt sich zunächst auf zweierlei Weise definieren:

    1. Makroökonomisch: In diesem Sinn besteht der Geldmarkt aus Angebot und Nachfrage zwischen Banken und Unternehmen oder Verbrauchern. Somit gehören alle herkömmlichen Bankgeschäfte wie Festgeldkonten oder Verbraucherkredite zum Geldmarkt in makroökonomischer Bedeutung.
    2. Institutionell: In diesem Sinn ist der Geldmarkt Teil des Finanzmarkts und wird vor allem durch kurzfristigen Handel mit Geld charakterisiert. Im Vordergrund steht dabei der Interbankenhandel mit dem Geld der Zentralbank. Den Zins für den Handel legt die Zentralbank fest. Er heißt Geldmarktsatz oder Leitzins. Zum einen können Banken anderen Banken Kapital bereitstellen und Kredit geben. Und zum anderen können Kreditinstitute auf dem Geldmarkt sogenannte „Geldmarktpapiere“ von anderen Banken erwerben. Dabei handelt es sich um spezielle Wertpapiere mit kurzen Laufzeiten.

    Akteure des Geldmarkts

    • Kreditinstitute: Als Kreditinstitute werden Unternehmen bezeichnet, die gewerbsmäßig Bankgeschäfte durchführen. Geregelt wir dies über das Kreditwesengesetz. Sie agieren miteinander im sogenannten „Interbankenhandel“.
    • Finanzintermediäre: Finanzintermediäre sind Institutionen oder auch Personen, die als Vermittler auf den Geld- sowie Kreditmärkten zwischen der Angebots- und der Nachfrageseite von Kapital tätig sind. Dabei handelt es sich um Versicherungen oder Investmentgesellschaften.
    • Große Unternehmen: Sie können über den Geldmarkt kurzfristig hohe Geldsummen ausleihen oder das Geld anlegen.
    • Zentralbank: Sie stellt das Geld für den Handel auf dem Geldmarkt zur Verfügung und legt die Verzinsung fest. Auf diese Weise steuert die Zentralbank die Geldschöpfung und kann die Kreditvergabe durch Banken beeinflussen. Die Zentralbank hat somit eine Sicherungsfunktion für den gesamten Finanzsektor.

    Aufgaben und Funktionen des Geldmarktes

    • Refinanzierung: Von einer Refinanzierung wird gesprochen, wenn sich Banken Kapital beschaffen, um damit wiederum ein Kreditgeschäft zu finanzieren. Die Refinanzierung von Banken ist eine wichtige Funktion des Geldmarkts. Durch die Refinanzierung können Banken zum Beispiel die Kreditvergabe an Endkunden finanzieren.
    • Steuerung des Liquiditätsrisikos: Banken und Großunternehmen können ihre Liquidität über den Geldmarkt kontrollieren. Haben sie kurzfristige Überschüsse, verleihen sie das Geld auf dem Geldmarkt. Haben sie ein Defizit, können sie sich Geld leihen. Die Überschüsse entstehen zum Beispiel dann, wenn viele Verbraucher ihr Kapital bei der Bank angelegt haben. Defizite wiederum können aus einer erhöhten Zahl an vergebenen Verbraucherkrediten resultieren.
    • Regulierung des Finanzsektors: Die staatliche Regulierung des Finanzsektors soll das Kapital für Investitionen möglichst kostengünstig bereitstellen und die Regulierung, Finanzkrisen zu vermeiden. Durch die Geldmarktzinsen kann die Zentralbank die Finanzmärkte teilweise steuern. In diesem Fall wird auch von „Geldmarktpolitik“ gesprochen.

    Wirtschaftliche Bedeutung des Geldmarktes

    Der Geldmarkt spielt mit seinen kurzfristigen Finanzinstrumenten eine wichtige Rolle für den Liquiditätsausgleich der Banken. So haben Banken die Möglichkeit, sich kurzfristig Geld zu leihen, um Liquiditätsengpässe zu vermeiden. Zugleich besteht die Chance, schnell eine Liquiditätsreserve mit Überschüssen aufzubauen. Somit hat der Geldmarkt großen Einfluss auf die Geschäftsfähigkeit von Banken.

    Finanzinstrumente des Geldmarkts

    • Tages- und Termingelder: Dabei handelt es sich um Anlageprodukte mit Laufzeiten von einem Tag bis zu einem Jahr.
    • Geschäfte mit Rückkaufvereinbarungen (Repogeschäfte): Bei diesem Finanzgeschäft wird der Verkauf eines Wertpapiers gleich mit dem Kauf kombiniert. Für den Rückkauf wird sofort eine Summe vereinbart. Für die Dauer der Laufzeit, die nicht mehr als ein Jahr beträgt, wird das Wertpapier dem Käufer überlassen. Danach kauft der Verkäufer seine Wertpapiere wieder zum vereinbarten Preis zurück.
    • Leihgeschäfte oder Wertpapierleihe: In diesem Fall wird ein Wertpapier verliehen und die Nutzung der leihenden Institution überlassen. Zum Ende der Laufzeit erhält der Verleiher eine Gebühr. Auf Englisch wird die Wertpapierleihe auch als „Securities Lending“ bezeichnet.
    • Geldmarktpapiere: Dabei handelt es sich um kurzfristige Wertpapiere mit einer maximalen Laufzeit von einem Jahr. In der Regel sind dies Schuldverschreibungen oder Wechsel. Der Kaufpreis oder Verkaufspreis der Schuldverschreibungen wird über den Nominalwert abzüglich der Zinsen berechnet, die während der Laufzeit anfallen.
    • Fazilitäten der Zentralbank: Diese werden von den Übernachtkrediten sowie der Einlagefazilität gebildet. Über die Einlagefazilität können Banken über Nacht überschüssiges Kapital bei der Zentralbank anlegen.
    • Geldmarktderivate: Bei diesen Produkten handelt es sich überwiegend um Forward Rate Agreements, Overnight Index Swaps, Geldmarkt-Futures.

    Übernachtkredit

    Ein Großteil der Umsätze auf dem Geldmarkt wird mit sogenannten „Übernachtkrediten“ erzielt. Dabei handelt es sich um Kredite, die Gläubiger schon am nächsten Tag zurückzahlen müssen. Für diese Kredite werden meist Zinsen nach dem EONIA (Euro OverNight Index Average) gezahlt. Dabei handelt es sich um einen speziellen Zinssatz, den Banken für die unbesicherte Ausleihung über Nacht erheben.

    Steuerung des Geldmarkts durch die Zentralbank

    Die Zentralbank hat die Möglichkeit, den Geldmarkt zu steuern. Ein wichtiges Instrument für diese Steuerung sind die Geldmarktzinsen. Diese Zinsen werden in Hauptrefinanzierungszinssatz, Spitzenrefinanzierungszinssatz und Einlagesatz aufgeteilt.

    Als Refinanzierungszinssätze werden diejenigen Zinsen bezeichnet, die eine Bank für das Ausleihen von Geld auf dem Geldmarkt bezahlen muss. Der Einlagesatz umfasst die Zinsen, die Banken und Großunternehmen erhalten, wenn sie Geld bei der Zentralbank anlegen. Durch die Geldmarktzinsen kann die Zentralbank andere Banken zur kurzfristigen Kreditaufnahme animieren. Das günstig zur Verfügung gestellte Geld können die Banken schließlich wieder in Form von günstigen Krediten an Verbraucher weitergeben.

    Die Auswirkungen der Geldmarktpolitik der Europäischen Zentralbank sind zum Beispiel an der aktuellen Niedrigzinsphase (Stand: November 2016) für die Baufinanzierung zu sehen.

    Eigenschaften des Handels auf dem Geldmarkt

    Der Handel mit Geld auf dem Geldmarkt erfolgt außerbörslich. Meist werden Transaktionen telefonisch oder elektronisch über sogenannte „Geldhändler“ durchgeführt. Die Mindeststückelung auf dem Geldmarkt beträgt üblicherweise eine Million Euro.

    Charakteristisch für den Handel auf dem Geldmarkt sind die hohe Bonität sowie ein hoher Institutionalisierungsgrad der Akteure. Da in der Regel Institutionen miteinander handeln, sind die Transaktionen unpersönlich.

    Geldmengendefinitionen

    Die Europäische Zentralbank teilt die Geldmenge des Finanzmarkts in vier verschiedene Gruppen ein. Die Einteilung ist erforderlich, um die Frage zu beantworten, wie viel Geld es überhaupt gibt. Dabei ist jeweils die Gruppe M1 eine Teilmenge der Geldmenge M2 sowie M2 eine Teilmenge der Geldmenge M3. Das Kürzel „M“ stammt vom englischen Begriff für Geld, money.

    • M0: Dabei handelt es sich um Bargeld, das sich im Umlauf befindet. Diese Geldmenge befindet sich sowohl bei Nichtbanken als auch in Form von Zentralbankgeldbestand bei Banken.
    • M1: Diese Geldmenge wird durch Sichteinlagen der Nichtbanken inklusive des sich im Umlauf befindlichen Bargelds gebildet. Zu den Sichteinlagen gehören zum Beispiel Bankguthaben von Verbrauchern auf dem Sparbuch oder Girokonto.
    • M2: Diese Geldmenge enthält die Geldmenge M1 und zusätzlich Einlagen mit einer Laufzeit von bis zu zwei Jahren sowie gesetzlicher Kündigungsfrist bis zu drei Monaten. Die Hauptbestandteile sind Spar- oder Termineinlagen mit fester Laufzeit. Unter Einhaltung der Kündigungsfrist können Spareinlagen ausgezahlt und somit zur Geldmenge M1 gezählt werden. Im Vergleich zu Sichteinlagen lassen sich Spareinlagen nicht jederzeit in Bargeld umwandeln.
    • M3: Zu dieser Geldmenge zählt M2. Darüber hinaus werden weitere kurzfristige Geldanlagen wie Bankschuldverschreibungen oder Geldmarktfondsanteile sowie Repogeschäfte gezählt.

    Allgemein werden Geldforderungen auf dem Geldmarkt den Geldmengen M1 und M2 zugesprochen.

    Unterschied zum Interbankenmarkt

    Als Interbankenmarkt wird der Handel mit Finanzprodukten bezeichnet, der sich zwischen Banken abspielt. Der Interbankenhandel ist ein wichtiger Teil des Geldmarktes und besteht zu großen Teilen aus dem Leihen und Verleihen von Zentralbankgeld.

    Dabei handelt es sich um die Aufnahme und Vergabe von kurzfristigen Krediten unter Banken. Darüber hinaus können im Interbankenhandel auch Devisen, Wertpapiere oder Derivate gehandelt werden.

    Risiken für die Akteure des Geldmarkts

    • Ausfallrisiko: Für die Teilnehmer am Geldmarkt besteht immer ein Ausfallrisiko. Dieses Risiko besteht darin, dass ein Kreditnehmer den kurzfristig aufgenommenen Kredit über den Geldmarkt nicht fristgerecht zurückzahlen kann. Vermindert wird das Ausfallrisiko durch sogenannte „Kontrahentenlimite“. Hierbei wird den jeweiligen Marktteilnehmern jeweils ein Limit gesetzt, bis zu dessen Grenze sie sich bei einem anderen Marktteilnehmer Zentralbankgeld leihen dürfen. Zugleich können jegliche Transaktionen auf einer Besicherung durch sogenannte Repogeschäfte beruhen. Dabei werden zum Beispiel feste Rückkaufvereinbarungen für Wertpapiere getroffen. Wie bei Geldanlagen üblich, wird außerdem das Anlageportfolio auf viele Positionen verteilt, um das Risiko eines Zahlungsausfalls zu verringern.
    • Zinsänderungsrisiko: Durch die sehr kurzen Laufzeiten auf dem Geldmarkt ist das Zinsänderungsrisiko sehr gering.
    • Liquiditätsrisiko: Der Geldmarkt hat gerade zum Ziel, für eine ausreichende Liquidität unter den Akteuren zu sorgen. Aus diesem Grund sollte das Liquiditätsrisiko minimiert werden. Dennoch können Aktivitäten auf dem Geldmarkt die Liquidität eines Akteurs durch unbedachtes Wirtschaften schwächen.

    Unterschied zum Kapitalmarkt

    Der grundsätzliche Unterschied zwischen Kapitalmarkt und Geldmarkt besteht in den Laufzeiten. Auf dem Geldmarkt werden kurzfristige Finanzierungsmittel gehandelt. Demgegenüber handelt es sich auf dem Kapitalmarkt um langfristige oder mittelfristige Finanzierungsmittel.

    Aspekt Geldmarkt Kapitalmarkt
    Akteure
    • Kreditinstitute
    • Zentralbank
    • Großunternehmen
    • Banken
    • Verbraucher
    • Unternehmen
    • Handelsplätze (Börsen)
    Funktionen
    • Liquiditätsausgleich zwischen Banken
    • Stärkung des Finanzmarkts
    • Marktausgleich
    • Lenkungsfunktion
    • Individualschutz
    Fristigkeiten
    • kurze Fristen
    • unterschiedliche Fristen oder Handel ohne Fristen
    Ausfallrisiko
    • relativ gering
    • gering bis sehr hoch
    Grad der Institutionalisierung
    • hohe Institutionalisierung
    • organisierte und nicht organisierte Märkte
    Bonität
    • sehr hoch
    • abhängig von den jeweiligen Kapitalnehmern
    Höhe der gehandelten Geldsummen
    • sehr hoch, Mindeststückelung 1 Million Euro
    • variabel
    Besonderheit
    • Akteure können Geld ausleihen und verleihen
    • freier Kapitalverkehr im Binnenmarkt

    Rendite und Sicherheit für Privatanleger

    Privatanleger können sowohl am Geldmarkt als auch am Kapitalmarkt teilnehmen. Am Kapitalmarkt können sie direkt in Aktien oder Anleihen in Unternehmen oder Staaten investieren. Zugleich können innerhalb des Kapitalmarkts verschiedene Märkte, zum Beispiel der Graue Markt, genutzt werden. Grundsätzlich bietet der Kapitalmarkt höhere Renditechancen als der Geldmarkt. Allerdings ist das Ausfallrisiko höher.

    Über Geldmarktkonten können Anleger kurzfristig Geld am Geldmarkt anlegen. Allerdings ist die Chance auf hohe Renditen sehr gering, da die aktuellen Niedrigzinsen der Europäischen Zentralbank (EZB) für ein geringes Kapitalwachstum sorgen.

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