Kapitalwertmethode als Entscheidungshilfe beim Investieren

Wie Sie Ihr Geld am besten anlegen, lässt sich zumindest in groben Zügen errechnen. Die Kapitalwertmethode ist eine Form der Wirtschaftlichkeitsrechnung, auch als Rentabilitätsrechnung bekannt. Mit ihr können Sie auf dem Rechenweg ermitteln, ob eine Investition sich auszahlt. Wichtig dabei: Sie sollten einen realistischen Kalkulationszins wählen und auch die anderen Rechengrößen parat haben. Zudem sollten Sie mehrere Investitionsmöglichkeiten abwägen und durchrechnen.

Daniel Winterl

Redaktionsleitung FinanceScout24


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Zuletzt aktualisiert: July 24, 2023

Author Daniel Winterl

Daniel Winterl

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Daniel Winterl verantwortet als gelernter Betriebswirt die Finanz- und Versicherungsthemen bei FinanceScout24, um Ihnen die wichtigsten Infos bei ihrer Suche zur Verfügung zu stellen und das richtige Angebot für Sie zu finden.

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Inhaltsverzeichnis
     

    Wie soll ich mein Geld anlegen? Lohnt es, in die Immobilie zu investieren oder bin ich unterm Strich besser bedient, wenn ich die Summe risikoarm als Festgeld bei der Bank parke? Je größer die mögliche Rendite bei einer Anlage ist, desto höher ist in der Regel auch das Risiko für Verluste von Teilen oder auch des gesamten Investitionsbetrags.

    Abgesehen von der Risikofrage und ethischen Gesichtspunkten, die für die Auswahl eines Investitionsobjektes entscheidend sein können, kann eine Wirtschaftlichkeitsrechnung dabei helfen, Investitionen zu vergleichen und auf ihre Rentabilität hin zu prüfen. Weit verbreitet ist zu diesem Zweck die Kapitalwertmethode, auch Barwertmethode oder Diskontierungsmethode genannt.

    Wichtiger Faktor: Opportunitätskosten

    Mit ihrer Hilfe können Sie besser beurteilen und berechnen, welche der Anlagemöglichkeiten, die für Sie infrage kommen, sich lohnt. Dazu wird mit der Kapitalwertmethode für jede Geldanlage der konkrete Kapitalwert – auch Barwert genannt – in Euro errechnet. Die Kapitalwertmethode berücksichtigt alle Ein- und Auszahlungen, die Folge einer möglichen Investition oder mit ihr verbunden sind.

    Wichtig dabei: Der Kalkulationszinssatz, im Fachjargon auch Zinsfuß genannt. Er stellt die sogenannten Opportunitätskosten dar. Dahinter steckt der Gedanke, dass man sein Geld ja jederzeit auch anderweitig investieren könnte und man sich mit jeder Entscheidung für eine bestimmte Anlage automatisch gegen andere Möglichkeiten entscheidet. Dabei wird also auf eine Möglichkeit, eine Opportunität, verzichtet. Opportunitätskosten werden demnach auch manchmal als Verzichtskosten oder Alternativkosten bezeichnet.

    Diese Kosten lassen sich gut am Beispiel einer risikoarmen Anlagemöglichkeit erklären: Opportunitätskosten zahlen Sie indirekt, wenn Sie über einen längeren Zeitraum 10.000 Euro auf dem Girokonto parken. Denn hier sind die Zinsen niedriger als zum Beispiel auf einem Festgeldkonto. Die Opportunitätskosten sind hier also die entgangenen höheren Zinsen, die Sie erhalten hätten, wenn Sie dieselbe Summe als Festgeld angelegt hätten. Mit der Kapitalwertmethode halten Sie diese Opportunitätskosten im Blick.

    Rechengrößen: Diese Daten brauchen Sie

    Die Kapitalwertmethode drückt aus, ob sich eine Investition auszahlt. Davon können vor allem Selbstständige und kleinere Unternehmen profitieren. Aber auch Klein- und Privatanleger können sich schlau machen, wenn Sie wissen, wie man die Rechnung durchführt. Wichtig: Sie sollten sich intensiv über Anlagemöglichkeiten informieren, besonders wenn es um größere Summen geht.

    Für eine solche Rechnung muss klar sein, wann die Investition für wie lange getätigt werden soll und wie hoch der Anlagebetrag sein soll. Auch der sogenannte absolute Gewinnüberschuss, also welcher Betrag nach Abzug der Kosten übrig bleibt, muss bekannt sein.

    Das Herz der Rechnung ist der Kalkulationszinssatz, der sogenannte Zinsfuß. Mit diesem wird festgelegt, wieviel die Anlage mindestens abwerfen soll, damit sie sich überhaupt lohnt. Konkret legt der Kalkulationszins fest, ob Zahlungsströme entweder abgezogen oder diskontiert werden. Alle Ein- und Auszahlungen werden auf den Zeitpunkt der Investition „abgezinst“. Das heißt: mit dem angenommenen Zinsfuß verrechnet.

    In der Praxis sieht das folgendermaßen aus: Angenommen ein Betrag von 10.000 Euro soll zum Beispiel in einer festverzinslichen Anlage nach einem Jahr mindestens fünf Prozent Rendite erwirtschaften, denn genau dieser Zinssatz wird Ihnen auch von Ihrer Bank angeboten. Das heißt, dass nach einem Jahr aus dem eingesetzten Kapital 10.500 Euro werden sollen. An den Einnahmen durch diese fünf Prozent Zinsen muss sich also jede andere potenzielle Investition messen lassen. Die fünf Prozent werden als besagter Kalkulationszinssatz mit in die Berechnung des Kapitalwerts aufgenommen. Sind die Ziele ambitionierter oder die Investitionsmöglichkeiten besser, kann der Anleger aus unserem Beispiel auch zum Beispiel zehn Prozent als Kalkulationszinssatz ansetzen und in die Rechnung übernehmen. Dann muss sich eine Investitionsoption an dem möglichen Ergebnis von 11.000 Euro messen lassen.

    Um herauszufinden, wie viel eine Investition unterm Strich als Barwert einbringt, muss auch berücksichtigt werden, welche Einzahlungen und Auszahlungen in diesem Zeitraum anfallen können. Darunter fallen die Kosten für das Investment, wie zum Beispiel Ausgabeaufschläge, Depotkosten für Wertpapiere oder Maklergebühren bei Immobilien, auf Einzahlungsseite zum Beispiel Bonuszahlungen oder getätigte Sonderentnahmen bei Fonds.

    Ja, nein, vielleicht – lohnt sich die Investition?

    Für das Ergebnis einer Rechnung nach der Kapitalwertmethode sind letztendlich drei Szenarien möglich:

    1. Der Kapitalwert ist kleiner als Null: In diesem Fall ist die Investition weniger wirtschaftlich als die Anlage, deren Rendite als Kalkulationszinssatz für die Berechnung herangezogen wurde.
    2. Der Kapitalwert entspricht Null: Bei diesem Resultat entspricht das Ergebnis der betrachteten Investition dem Ergebnis der Anlage mit dem Kalkulationszinssatz. Die Investitionen sind also gleich wirtschaftlich.
    3. Der Kapitalwert ist größer als Null: In diesem Fall ist die betrachtete Investition wirtschaftlicher oder günstiger als die Anlage mit dem Kalkulationszinssatz. Je höher ein positiver Kapitalwert, desto besser ist auch die Investition, die man vergleicht.

    Die Annahme eines bestimmten Kalkulationszinssatzes ist ein sensibler Punkt beim Errechnen des Kapitalwerts. Dies hat großen Einfluss auf die Aussagekraft des errechneten Werts. Wer mit verschiedenen Kalkulationszinsfüßen rechnet, dem wird deutlicher, welche Auswirkungen die Wahl eines Zinses auf den Kapitalwert hat. Das soll im Beispiel zur Formelberechnung deutlich werden.

    Formel und Rechenweg

    Als  zentrales Verfahren der dynamischen Investitionsrechnung ist die Kapitalwertmethode auch als Nettobarwertmethode oder NPV-Methode (NPV = net present value) bekannt. 

    Um dahinter zu kommen, ob sich eine Investition auszahlt, müssen Sie zunächst Ein- und Auszahlungen zusammenrechnen. Davon wird dann die Investitionszahlung am Ende der Laufzeit abgezogen. Die Formel für den Barwert einer einzelnen Zahlung sieht wie folgt aus: Der Barwert aller Überschüsse in einem Zeitraum abzüglich der Investitionsauszahlungen ergibt den Kapitalwert.

    Formel der Kapitalwertmethode
    C Kapitalwert
    –A0 Auszahlung der Investition
    E Alle Einzahlungen im Zeitraum der Investition
    A Alle Auszahlungen im Zeitraum der Investition
    (E-A) Gesamte „Zahlungsüberschüsse“ der Investition
    i Der Zinssatz als Dezimalzahl (z.B. 5 Prozent = 0,05)
    t Jahr der Berechnung
    1/(1+i)t Dies ist der Abzinsungsfaktor. t ist das Jahr, dessen Zahlung abgezinst wird.

    Die Formel lässt sich auch anpassen, zum Beispiel wenn man den Investitionszeitraum näher definieren will und mit verschiedenen Kalkulationszinsen rechnet.

    Sind Investitionen nicht für denselben Zeitraum geplant, sondern haben sie unterschiedliche Laufzeiten, kann man noch sogenannte Differenzinvestitionen in die Berechnung mit einbeziehen, um die entsprechenden Zahlungsströme mit einzubeziehen.

    Beispiel: Frau Peters kauft ein Haus

    Lassen Sie sich durch die komplexe Formel nicht verunsichern, eigentlich ist die Kapitalwertmethode ganz logisch. Am besten lässt sich dies an einem Beispiel zu verdeutlichen: Frau Peters möchte von den steigenden Immobilienpreisen profitieren und ihr Geld in Immobilien investieren. Sie plant, zu einem bestimmten Zeitpunkt für 100.000 Euro eine Immobilie zu erwerben. Nach zwei Jahren möchte sie gerne mit Gewinn für 110.000 € wieder verkaufen. Sie könnte das Geld stattdessen allerdings auch bei der Bank für den gleichen Zeitraum risikoarm als Festgeld anlegen, zu einem festen Zinssatz von fünf Prozent. Um auszurechnen, ob sich die Immobilie als Investition lohnt, bezieht sie die fünf Prozent als Kalkulationszinssatz in ihre Rechnung mit ein. Ein solcher Zinssatz ist aktuell zwar utopisch, macht das Beispiel aber anschaulicher.

    Um zum Kapitalwert zu gelangen rechnet Frau Peters also wie folgt: Von der Summe ihrer Aus- und Einzahlungen, in diesem Fall nur die 100.000 Euro an Einzahlungen, die sie investiert, zieht sie die Investitionsauszahlung, abzüglich des Kalkulationszinssatzes (im Rechnungswesen spricht man hier von „Abzinsung“) ab. In der Realität würden bei einem Immobilienkauf auch Auszahlungen, beispielsweise Notar- oder Grundbuchgebühren anfallen. Der Übersichtlichkeit halber wird im Rechenbeispiel jedoch einfach der Investitionsbetrag von 100.000 Euro angesetzt.

    Rein rechnerisch heißt das:
    110.000 Euro / 1,052 = 99.773 Euro
    99.773 Euro – 100.000 Euro = Kapitalwert von -227 Euro.

    Da der Kapitalwert in diesem Fall negativ ist, lohnt sich die Immobilie für Frau Peters nicht. Eine Festgeldanlage mit fünf Prozent Zinsen bei der Bank würde ihr mehr einbringen. Würde sie bei ihrer Bank einen noch höheren Zinssatz heraushandeln können, wird die Investition in die Immobilie noch unattraktiver.

    Aber lohnt sich die Immobilie denn vielleicht wenn Frau Peters bei der Bank weniger, also beispielsweise nur drei Prozent Zinsen bekäme? Der Rechenweg wäre hier folgendermaßen:
    110.000 Euro / 1,032 = 103.685 Euro
    103.685 Euro – 100.000 Euro = 3.685 Euro.
    Also ein positives Ergebnis. Hier würde Frau Peters sich mit der Investition in die Immobilie besser stellen als mit dem Festgeld-Angebot ihrer Bank.

    Selbst bei einem alternativen Bankenzins von vier Prozent hätte die Immobilie rein rechnerisch noch die Nase vorn, denn:
    110.000 Euro / 1,042 = 101.701 Euro
    101.701 Euro – 100.000 Euro = 1.701 Euro,
    auch hier also ein Ergebnis, das größer als Null ausfällt.

    Dieses Beispiel macht deutlich, welchen Einfluss eine kleine Veränderung des Kalkulationszinssatzes auf die Rentabilitätsrechnung haben kann.

    Pro und Contra der Kapitalwertmethode

    Bei der Kapitalwertmethode fällt die Rechnung relativ einfach aus. Sie wird zu den dynamischen Verfahren der Wirtschaftlichkeitsrechnung gezählt. Diese haben im Gegensatz zu den statischen Verfahren den Vorteil, dass sie besser für längerfristige Berechnungen geeignet sind. Statische Verfahren wie der Kostenvergleichsrechnung oder Gewinnvergleichsrechnung berücksichtigen nur einen Zeitraum, lassen Zinseszinseffekte außen vor und rechnen nur mit Durchschnittswerten.

    Mit der Kapitalwertmethode lassen sich auch Investitionen, die über verschiedene Zeiträume laufen sollen und unterschiedlich hoch sind, vergleichen und auf ihre Wirtschaftlichkeit hin abklopfen.

    Allerdings gibt es ein paar Schwachstellen. So unterliegt diese Rechnung der Annahme über einen konkreten Zinssatz, also darüber, wie sich ein Investitionsobjekt entwickeln könnte. Auch ist eine direkte Vergleichbarkeit von Investitionen mit der Kapitalwertmethode nur gegeben, wenn Anfangsinvestitionsbetrag, Nutzungsdauer und die Zahlungsüberschüsse zweier Investitionen identisch sind.

    Andere dynamische Investitionsrechnungen sind zum Beispiel die sogenannte interne Zinsfußmethode oder die Annuitätenmethode. Letztere ist eine Variante der Kapitalwertmethode. Der Kapitalwert wird dabei als Reihe konstant hoher Zahlungen über einen festen Zeitraum dargestellt. Experten nutzen üblicherweise eher die Kapitalwertmethode, da die Annuitätenmethode anfälliger ist für Fehlinterpretationen. Weiter verbreitet ist auch die Zinsfußmethode. Sie berücksichtigt die Zahlungsströme während der gesamten Investitionsdauer und ist auch anwendbar bei unterschiedlichen Investitionszeiträumen. Sie gibt anschaulich Auskunft über die Rendite und macht Anlagemöglichkeiten untereinander vergleichbar.

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