Unternehmenswert: Kennzahl zur Unternehmens­bewertung

Wenn ein Unternehmen verkauft werden soll, muss ein Preis dafür ermittelt werden. In der Praxis existiert dafür keine festgeschriebene Vorgehensweise. Zugleich hat der Verkäufer in der Regel ganz andere Vorstellungen vom Wert seines Unternehmens als der Käufer. Somit kommt es beim Ermitteln des Unternehmenswerts ganz auf das Verfahren an. Dieser Wert kann deshalb nicht immer mit dem Preis des Unternehmens übereinstimmen. In diesem Ratgeber erhalten Sie alle wichtigen Informationen rund um den Unternehmenswert sowie verschiedene Berechnungsverfahren.

Daniel Winterl

Redaktionsleitung FinanceScout24


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Zuletzt aktualisiert: January 07, 2024

Author Daniel Winterl

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Daniel Winterl verantwortet als gelernter Betriebswirt die Finanz- und Versicherungsthemen bei FinanceScout24, um Ihnen die wichtigsten Infos bei ihrer Suche zur Verfügung zu stellen und das richtige Angebot für Sie zu finden.

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Inhaltsverzeichnis
     

    Als Unternehmenswert wird in der Wirtschaft der in Geldeinheiten ausgedrückte Unternehmenswert bezeichnet. Dieser kann auf der Basis unterschiedlicher Verfahren ermittelt werden kann. Aus dem Unternehmenswert kann ein Kaufpreis abgeleitet werden oder ein Unternehmen erfährt dadurch, wieviel es auf dem Markt wert sein kann. Allerdings muss der Unternehmenswert weder dem Preis des Unternehmens noch dem Marktwert entsprechen.

    Wann ist der Unternehmenswert wichtig?

    Der Wert eines Unternehmens spielt in verschiedenen Situationen eine Rolle:

    • Verkauf des Unternehmens: Wird eine Firma verkauft, ist der Unternehmenswert eine wichtige Orientierung für einen möglichen Verkaufs-/Kaufpreis.
    • Verkauf von einzelnen Unternehmensbestandteilen: Im Falle eines Verkaufs von Unternehmensbestandteilen muss der Unternehmenswert bekannt sein, damit sich ein Preis für die einzelnen Teile ableiten lässt.
    • Übernahme eines Unternehmens: Wenn zum Beispiel eine Aktiengesellschaft eine andere Gesellschaft übernehmen möchte, wird zunächst der Wert des Übernahmekandidaten bestimmt.
    • Besteuerung von Übernahmen: Werden Teile von Firmen übernommen, können dafür Steuern fällig werden, die sich am Unternehmenswert orientieren.
    • Erbschaften und Schenkungen: Wird eine Firma an Erben übergeben, muss festgestellt werden, wie viel die Firma wert ist. Nur so können die Erben zu den im Testament vorgesehenen Teilen ausgezahlt werden.
    • Aktienhandel: Der Wert der Aktien wird in Bezug zum aktuellen Marktwert oder Unternehmenswert eines Unternehmens gesetzt.
    • Zahlung von Abfindung an austretende Gesellschafter: Um Gesellschafter auszuzahlen, die eine Gesellschaft verlassen, muss ein spezifischer Wert für ein Unternehmen ermittelt werden.​

    Berechnung des Unternehmenswerts

    Grundsätzlich gilt, dass es den einen, objektiven Unternehmenswert nicht gibt. Während die Inhaber bei der Berechnung des Werts auch ihre eigene Arbeit berücksichtigen, die sie in das Unternehmen investiert haben, zählt für den Käufer meist nur der Sachwert. Wird eine Berechnung durchgeführt, müssen in der Regel verschiedene Aspekte berücksichtigt werden, um einen möglichst objektiven Wert zu erhalten.

    Grundsätzlich kann der Unternehmenswert durch vereinfachte Formeln errechnet werden. Durch das so genannte Mittelwertverfahren kann der Unternehmenswert als arithmetisches Mittel aus Ertrags- und Substanzwert ermittelt werden. Indem Substanz- und Ertragswert gewichtet und addiert werden, wird dieser berechnet. Ertragswert und Substanzwert werden je nach Branche verschieden gewichtet.

    Berechnung mit Rechnern

    Um eine erste Einschätzung für den Wert des eigenen Unternehmens zu erhalten, können Rechner im Internet verwendet werden. Viele dieser Angebote sind kostenlos. Sie werden meist von Unternehmensberatern angeboten, die potentiellen Kunden vorab Anhaltspunkte für die Ermittlung des Unternehmenswerts geben können.

    Die Rechner lassen sich von jedem nutzen, auch von Privatpersonen, die den Wert von Unternehmen anhand öffentlich einsehbarer Daten, zum Beispiel über den Bundesanzeiger oder Geschäftsberichte von Aktiengesellschaften, ermitteln möchten.

    Ein Unternehmenswertrechner im Internet basiert in der Regel auf den gängigen Verfahren zur Unternehmensbewertung.

    Gängige Verfahren

    In der Praxis werden zwei gängige Verfahren für die Wertermittlung verwendet:

    1. Ertragswert-Verfahren: Das Ertragswertverfahren berücksichtigt, was mit einem Unternehmen in der Zukunft verdient werden kann. Für die Berechnung werden die Erträge mit dem Kapitalisierungszinssatz dividiert. Der Zinssatz selbst berücksichtigt mögliche Zinsen für eine herkömmliche Geldanlage sowie einem Aufschlag für das unternehmerische Risiko, das mit der Geldanlage verbunden ist. Der Zinssatz orientiert sich an einer möglichen Geldanlage, die der Käufer anstelle des Firmenkaufs in Anspruch nehmen könnte.
    2. Ebit-Verfahren: Durch diese Methode wird der Unternehmenswert mit Hilfe des Nettoertrags vor Zinsen und Steuern berechnetBei diesem Wertermittlungsverfahren für Unternehmen wird der Jahresgewinn (Ebit) mit einem speziellen Faktor multipliziert. Der Faktor wird auf die jeweilige Branche sowie die Verschuldung des Unternehmens bezogen. Erzielt ein Unternehmen einen Jahresreinertrag von 100.000 Euro und der Faktor liegt bei 4, wäre der Unternehmenswert nach dem Ebit-Verfahren bei 400.000 Euro.

    Weitere Faktoren

    • Aufstellen einer Prognose: Vor allem beim Ertragswertverfahren muss eine plausible Prognose zur Ertragsentwicklung aufgestellt werden. Hierbei werden sowohl Chancen als auch Risiken des Unternehmens, der Branche oder der angebotenen Produkte berücksichtigt.
    • Investitions- und Umsatzplanung: Berücksichtigt werden beim Ertragswertverfahren zum Beispiel auch die möglichen Entwicklungen von Umsatzzahlen oder Investitionskosten über die folgenden fünf Jahre.
    • Art der Unternehmensführung: Bei der Berücksichtigung des Unternehmenswerts spielt es eine wichtige Rolle, wir abhängig das Unternehmen von der Führung ist. So wird für Käufer zum Beispiel sichergestellt, dass die gekaufte Firma nach einem Inhaberwechsel problemlos weiterläuft.
    • Art der Produkte und Dienstleistungen: In diesem Fall wird geprüft, wie die Marktstellung des Angebots ist. Je höher das Alleinstellungsmerkmal der Produkte und Dienstleistungen, desto höher ist in der Regel der Unternehmenswert.
    • Umfang des Kundenstamms: Ein solider Kundenstamm mit einer angemessenen Wachstumsrate kann den Wert eines Unternehmens deutlich steigern.

    Beispiel zur Berechnung des Unternehmenswerts

    Ein Investor möchte ein Unternehmen kaufen, dessen nachhaltiger Ertrag bei 350.000 Euro liegt. Die beiden Geschäftsführer erhalten pro Jahr einen Lohn von 100.000 Euro.

    Sie geben eine mögliche Kapitalverzinsung von 15 Prozent an. Somit müssen die Verkäufer berechnen, wie viel Kapital ein Investor mitbringen müsste, um bei einer Verzinsung von 15 Prozent 250.000 Euro Rendite zu erzielen.

    Die Berechnung leitet sich aus der Zinsformel „Zinsen = Kapital × (Zinssatz ÷ 100)“ ab. Sie sieht so aus:

    Kapital = Zinsbetrag ÷ (Zinssatz ÷ 100)
    Kapital = 250.000 ÷ (15 ÷ 100) = 1,66 Millionen

    In diesem Fall läge der Unternehmenswert nach dem Ertragswertverfahren bei 1,66 Millionen Euro, wenn der Käufer von einer Verzinsung von 15 Prozent ausgeht.

    Unternehmenswert berechnen lassen

    Unternehmensberater, Steuerberater oder andere Dienstleister können den Wert eines Unternehmens professionell berechnen. Wie hoch die Kosten dafür ausfallen, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Zum einen entscheiden die Unternehmensgröße sowie die Komplexität der Gesellschaft über den Preis für eine Unternehmensbewertung. Zum anderen hängt es davon ab, welcher Dienstleister die Berechnung übernimmt.

    Marktwert und Substanzwert zur Wertermittlung

    In einigen Fällen können auch der Marktwert oder der Substanzwert zur Unternehmensbewertung herangezogen werden.

    Marktwert

    Der Marktwert ist der Wert, den einem Wirtschaftsobjekt auf einem Markt zu einem bestimmten Zeitpunkt hat. Bei börsennotierten Unternehmen wird häufig der Marktwert als Unternehmenswert angenommen. Dieser Wert entspricht meist dem Börsenwert einer Aktiengesellschaft. Die Wertermittlung beruht dabei auf Angebot und Nachfrage. Eine geringe Nachfrage kann dann den Marktwert deutlich sinken lassen.

    Das Besondere am Marktwert ist, dass er nicht zwingend dem Substanzwert oder dem Ertragswert entsprechen muss. So kann ein börsenstarkes Unternehmen eine hohen Marktwert haben, sein Substanzwert jedoch deutlich geringer sein. Sechs der teuersten Start-Up Exits finden Sie hier.

    Substanzwert

    Der Substanzwert beschreibt einen Wert, der immer zu einem festgesetzten Stichtag berechnet wird. Dieser findet vor allem im Rahmen der Unternehmensbewertung Verwendung.

    Unternehmen können auch anhand des Substanzwerts klassifiziert werden. Bei diesem Ansatz wird davon ausgegangen, wie viel Kapital nötig wäre, um das bestehende Unternehmen genau so noch einmal zu schaffen. Hierfür wird der aktuelle Verkehrswert von materiellen, immateriellen sowie betriebsnotwendigen und nicht betriebsnotwendigen Vermögensgegenständen ermittelt. Davon werden Schulen oder Verbindlichkeiten des Unternehmens subtrahiert.

    Für Schwierigkeiten sorgt bei der Berechnung des Substanzwerts in der Regel die Ermittlung von immateriellen Werten. Aus diesem Grund werden in der Praxis meist nur die materiellen Vermögensgegenstände berücksichtigt. 

    Fragen und Antworten

    Wie unterscheiden sich Unternehmenswert und Preis eines Unternehmens?

    Der Unternehmenswert ist der Wert eines Unternehmens, der möglichst objektiv auf der Basis eines Berechnungsverfahrens ermittelt wird. Der Preis des Unternehmens ist letztlich die Summe, die ein Käufer für das Unternehmen ausgeben möchte oder ein Verkäufer für die Übernahme der Firma verlangt. Unternehmenswert und Preis müssen nicht übereinstimmen.

    Welchem Nutzen entspricht der Unternehmenswert aus Sicht der Nutzentheorie?

    Wird die Nutzentheorie angewandt, basiert der Unternehmenswert auf dem subjektiven Nutzen, den ein Eigentümer aus dem Unternehmen bezieht.

    Was ist der Unternehmenswert aus investitionstheoretischer Sicht?

    Gemäß der Investitionstheorie entspricht der Unternehmenswert dem Preis, der sich auf die möglichen Erträge in der Zukunft bezieht. Diese Tatsache wird vor allem beim Ertragswertverfahren deutlich. Denn dort möchte der Investor tatsächlich wissen, wie viel Gewinn er mit dem Unternehmen bei einer angenommenen Verzinsung erzielen kann.

    Wann sind Unternehmenswert und Preis eines Unternehmens identisch?

    Der Preis eines Unternehmens entspricht dem Unternehmenswert, wenn ein Käufer bereit ist, den mit Hilfe eines Bewertungsverfahrens ermittelten Wert in Geldform zu bezahlen.

    Wie wird der Prozess des Ermittelns des Unternehmenswertes genannt?

    Die Ermittlung des Unternehmenswerts wird häufig auch mit dem Begriff „Unternehmensbewertung“ gleichgesetzt.

    Was beeinflusst den Unternehmenswert?

    Der Wert eines Unternehmens kann durch seine Substanz gesteigert werden. Aus diesem Grund wird in manchen Fällen auch das Substanzwertverfahren zur Wertermittlung verwendet. Der Wert einer Firma steigt zum Beispiel, wenn neue Maschinen genutzt werden oder das Unternehmen eigene Immobilien besitzt. Gleiches gilt für Produkte, die marktführend sind oder ein besonderes Alleinstellungsmerkmal aufweisen. Auch der Standort eines Unternehmens kann seinen Wert beeinflussen.

    Hohe Schulen, eine geringe Investitionskraft sowie nicht konkurrenzfähige Produkte und Angebote können den Unternehmenswert im Gegenzug reduzieren.

    Was bringen Nachfolgebörsen im Internet?

    Wer sein Unternehmen verkaufen möchte, kann dies über sogenannte „Nachfolgebörsen“ im Internet tun. Ebenso bieten diese Börsen interessierten Käufern die Möglichkeit, nach einem Unternehmen zu suchen. In der Praxis sollten vor allem Verkäufer darauf achten, einen angemessenen Preis für ihr Unternehmen zu verlangen. Käufern ist angeraten, die Angebote genau zu prüfen. Denn gerade durch die Unverbindlichkeit des Internet gibt es immer wieder betrügerische Angebote.

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