Versorgungsausgleich: Gerechter Rentenanspruch bei der Scheidung

Wenn sich Ehepartner scheiden lassen, ist die Aufteilung von Ansprüchen und Vermögen eine der wichtigsten Aufgaben des Gerichts. Neben dem Zugewinnausgleich wird außerdem der Versorgungsausgleich durchgeführt. Dabei handelt es sich um die gleichmäßige Verteilung von Rentenanwartschaften. Dabei handelt es sich um die Rentenansprüche, welche die im Rentenalter gezahlte Rente umfassen.

Daniel Winterl

Redaktionsleitung FinanceScout24


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Zuletzt aktualisiert: April 27, 2023

Author Daniel Winterl

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Daniel Winterl verantwortet als gelernter Betriebswirt die Finanz- und Versicherungsthemen bei FinanceScout24, um Ihnen die wichtigsten Infos bei ihrer Suche zur Verfügung zu stellen und das richtige Angebot für Sie zu finden.

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Inhaltsverzeichnis
     

    Durch den Versorgungsausgleich soll sichergestellt werden, dass die Rentenanwartschaften von Ehepartnern, die während der Ehe erzielt wurden, nach der Scheidung gerecht und jeweils zu 50 Prozent auf die Ex-Partner aufgeteilt werden. Anspruch auf einen Ausgleich hat derjenige Partner, der im Vergleich weniger Rentenanwartschaften in der Ehe gesammelt hat.

    Die Ehezeit beginnt mit dem Zeitpunkt der Heirat. Als Stichtag für das Ende wird der Monat des Tages gewertet, an welchem der Scheidungsantrag erhalten wurde.

    Ehepartner haben beim Versorgungsausgleich die Möglichkeit der internen oder externen Teilung.

    1. Interne Teilung
      In den meisten Fällen findet ein Versorgungsausgleich bei Ansprüchen aus der gesetzlichen Rentenversicherung als interne Teilung statt. Dabei gibt jede Partnerin sowie jeder Partner jeweils die Hälfte der in der Partnerschaftszeit erworbenen Anrechte an den anderen ab. Hierfür wird ein neues Versicherungskonto für den Empfänger des Ausgleichs angelegt. Dieses Verfahren ist empfehlenswert, wenn die Rentenansprüche durch den Ausgleich beim gleichen Versicherungsträger aufgestockt werden. Ansonsten fallen für eine interne Teilung zusätzliche Kosten an, weil der Versicherungsträger zusätzlichen Verwaltungsaufwand hat, den er sich bezahlen lässt.
    2. Externe Teilung
      Bei einer externen Teilung überträgt ein Versicherungsträger die Anwartschaft auf einen anderen Träger. Er überweist den Ausgleichsbetrag an diesen. Allerdings gibt es in diesem Fall Höchstbeträge, bis zu welchen eine externe Teilung überhaupt möglich ist. Sie liegen im Westen bei 74.400 und im Osten bei 64.800 Euro. Bei einer externen Teilung kann der Ausgleichsberechtigte auswählen, welcher Versorgungsträger das Geld erhalten soll. Eine externe Teilung findet in der Regel auch bei Beamtenanwartschaften statt.

    Diese Versicherungen sind erfasst

    Grundsätzlich sollen durch den Versorgungsausgleich Rentenanwartschaften, die über die Ehejahre gesammelt wurden, je zur Hälfte auf die Ehepartner aufgeteilt werden.

    Betroffen von dieser Regelung sind alle Versicherungen, über welche die Inhaber später eine Altersrente erhalten können. Je nach Versicherungstyp kann eine Einmalzahlung oder eine monatliche Rente gewählt werden. Wird im Vertrag eine Einmalzahlung vereinbart, fällt diese Einmalzahlung nicht in den Versorgungsausgleich, sondern in den Bereich des Zugewinnausgleichs im Rahmen des Scheidungsverfahrens.

    Versorgungen mit Versorgungsausgleich Versorgungen ohne Versorgungsausgleich
    • Gesetzliche Rentenversicherung (Entgeltpunkte)
    • Anwartschaften von berufsständischen Versorgungswerken (Ärzte, Anwälte, Architekten, Apotheker)
    • Private Rentenversicherung, die zwingend in eine Rente mündet oder bei denen das Rentenwahlrecht bereits unwiderruflich ausgeübt wurde
    • Betriebliche Altersvorsorge
    • Zusatzversorgung öffentlicher Dienst
    • Riester-Rente
    • Erwerbsunfähigkeitsrente
    • Rürup-Rente

     

    Ablauf des Versorgungsausgleichs

    Bei jeder Scheidung wird der Versorgungsausgleich immer automatisch vom Gericht berechnet.
    Ein eigener Antrag ist dafür nicht erforderlich. Hat eine Ehe mindestens drei Jahre angedauert, wird ein gerichtlicher Versorgungsausgleich automatisch durchgeführtNur wenn die Ehe kürzer als drei Jahre gedauert hat, kann ein Partner den Versorgungsausgleich explizit beantragen.

    • Fragebögen: Um die Höhe des Versorgungsausgleichs zu ermitteln, erhalten die Ehepartner einen Fragebogen. Darin müssen sie genau angeben, welche Versicherungen oder Anwartschaften bestehen. Darüber hinaus sind Versicherungsnummern anzugeben. Außerdem müssen die Eheleute erklären, ob bereits Regelungen zum Versorgungsausgleich getroffen wurden.

    Pflicht zur Ausfüllung der Fragebögen

    Die Ehepartner haben die Pflicht zur Ausfüllung der Fragebögen. Kommen sie dieser Pflicht nicht nach oder reichen sie diese nicht fristgerecht ein, kann ein Zwangsgeld durch das Gericht erhoben werden.

    • Versorgungsträger: Auf der Basis der Angaben im Fragebogen ermittelt das Gericht die Höhe der jeweiligen Anwartschaften bei den Versorgungsträgern. Diese Anfrage kann einige Zeit in Anspruch nehmen.
    • Prüfung: Anschließend erhalten die Ehepartner eine Übersicht über die jeweiligen Versorgungsansprüche. Sie können die Daten prüfen und Stellung dazu nehmen. Empfehlenswert ist es, hier einen Experten hinzuzuziehen. Sollten nämlich Fehler bei der Berechnung unterlaufen sein, kann dies hohe Folgekosten mit sich ziehen.
    • Versorgungsausgleich: Erst beim Scheidungstermin wird der Versorgungsausgleich durchgeführt und dem jeweiligen Anspruchsberechtigten zugesprochen.

    Dauert die Ermittlung von Rentenansprüchen aufgrund fehlender Auskünfte der Ehepartner länger als drei Monate, kann das Gericht den Scheidungsprozess vom Versorgungsausgleich abtrennen und beschleunigt durchführen. Grundlage hierfür bietet Paragraph 140 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG). Der Versorgungsausgleich wird in diesem Fall nach der Scheidung ermittelt, wenn alle Berechnungsgrundlagen und Ansprüche gesammelt sind.

    Kostenverteilung: Intern oder extern

    Erfolgt eine interne Teilung, wird beim jeweiligen Versorgungsträger ein weiteres Versicherungskonto eingerichtet, auf welches die Teilbeträge fließen. Hierfür können die jeweiligen Versorgungsträger Kosten erheben, die hälftig auf beide Ehegatten verteilt werden. Die Kosten betragen meist drei Prozent der laufenden Bezüge. Sie werden auch für die Verwaltung des zusätzlichen Kontos genutzt.

    Bei einer externen Teilung fallen keine zusätzlichen Kosten beim Versorgungsausgleich an. Denn in diesem Fall zahlt der Versorgungsträger den Betrag direkt auf das Versicherungskonto des Ausgleichsberechtigten ein.

    Externe Teilung wählen

    Ehepartner sollten von ihrem Wahlrecht bei der Teilung des Versorgungsausgleichs Gebrauch machen und zum Beispiel eine externe Teilung wählen. In diesem Fall können zusätzliche Verwaltungskosten gespart werden.

    Berechnung

    Für die Berechnung des Versorgungsausgleichs werden die Rentenanwartschaften der Ehepartner aufgeführt und offen gelegt. Hierbei werden alle Arten von Ansprüchen gegenübergestellt. Berücksichtigt werden sowohl statische als auch dynamische Rentenverträge. Bei Ansprüchen aus der gesetzlichen Rentenversicherung wird ein sogenanntes „Rentensplitting“ einbezogen. In diesem Fall wird kontrolliert, wie viele Rentenansprüche jeder Partner aus der gesetzlichen Rentenversicherung gesammelt hat. Dabei handelt es sich um sogenannte „Entgeltpunkte“. Sie entsprechen jeweils einem Euro-Wert.

    Der Partner, der am Ende der Rechnung über die Dauer der Ehe mehr Entgeltpunkte gesammelt hat, muss seine Anwartschaft teilen.

    Grundsätzlich ist das Ziel bei der Berechnung des Versorgungsausgleichs, dass beide Partner am Ende die gleichen Rentenansprüche haben. Da die Berechnung für Laien jedoch sehr komplex ist, wird der Ausgleich durch das Gericht ermittelt.

    Wann besteht kein Anrecht auf Versorgungsausgleich?

    Es gibt verschiedene Voraussetzungen, unter welchen kein Versorgungsausgleich durchgeführt werden muss oder unter welchen kein Anrecht darauf besteht.

    • Ehe ist kürzer als drei Jahre: Wenn die Ehe weniger als drei Jahre gehalten hat, gibt es keinen Versorgungsausgleich. Allerdings kann ein Ehepartner einen Antrag darauf stellen. Das Gericht entscheidet dann darüber. Es wird die Ehezeit berücksichtigt, die mit dem Monat der Eheschließung beginnt. Das Ende der Ehezeit ist am letzten Tag des Monats, in dem der Scheidungsantrag zugestellt wurde. Der Zeitpunkt der Trennung spielt für die Berechnung der Ehezeit keine Rolle. Ist die Trennungsphase ungewöhnlich lang, kann das Gericht jedoch auch den Zeitpunkt der Trennung heranziehen. Auf diese Weise soll vermieden werden, dass ein Ex-Partner trotz langer Trennung hohe Ausgleichsansprüche hat.
      Beispiel: Hat ein Paar am 1.1.2012 geheiratet und der Scheidungsantrag wurde am 30.12.2014 zugestellt, gibt es keinen automatisch eingeleiteten Versorgungsausgleich durch das Gericht.
    • Krasses Fehlverhalten: Die Teilung von Rentenanwartschaften kann durch das Gericht verhindert werden, wenn eine solche Teilung „grob unbillig“ wäre. Grundlage bildet hier Paragraph 27 des Versorgungsausgleichsgesetzes (VersAusglG). Grob unbillig wäre ein Versorgungsausgleich zum Beispiel dann, wenn der zum Ausgleich verpflichtete Partner vom anderen Partner stark bedroht oder körperlich verletzt wurde.

    Wann sich der Verzicht auf Ausgleich lohnt

    Es kann verschiedene Gründe geben, die für einen Verzicht auf den Versorgungsausgleich sprechen. In diesem Fall können Ehepartner den Vergleich einvernehmlich ohne Einschaltung des Gerichts regeln.

    Dies ist günstig, wenn:

    • Die Teilungskosten zu hoch sind
    • Der Versorgungsausgleich zu einem unfairen Ergebnis führen würde
    • Der Ausgleich von beiden Partnern nicht gewollt ist
    • Eine Vereinbarung zum Übertrag von Anwartschaften durch Zahlung von einem Ausgleichsbetrag oder einer anderen Gegenleistung getroffen wurde

    Verzicht durch Ehevertrag

    Ist ein Ehevertrag geschlossen worden, wird in der Regel darüber hinaus auch ein möglicher Versorgungsausgleich festgelegt. Eine solche Regelung ist sinnvoll, wenn beide Ehepartner schon Rentenanwartschaften in ausreichendem Maße angeschafft haben. Das Gericht muss dann im Falle einer Scheidung nicht mehr über einen Versorgungsausgleich urteilen. Die gesetzliche Grundlage liefert Paragraph 6, Absatz 1 des Versorgungsausgleichsgesetzes (VersAusglG). Mit einem Ehevertrag können außerdem einzelne Anwartschaften separat ausgeschlossen werden.

    Verzicht durch gerichtlichen Vergleich oder notarielle Beurkundung

    Nach Paragraph 7 des VersAusglG haben Ehepartner die Möglichkeit, den Versorgungsausgleich durch einen gerichtlichen Vergleich zu regeln.

    Ein Prozessvergleich ist aufgrund seiner Doppelnatur nur wirksam, wenn die materiell-rechtlichen Voraussetzungen für einen Vergleich sowie die prozessualen Anforderungen gegeben sind.

    Beide Eheleute müssen hierfür jeweils von einem Anwalt vertreten werden. Auf diese Weise sollen beide Parteien in gleichem Maße unterstützt werden. Selbst bei einer einvernehmlichen Scheidung mit einem Anwalt wird ein zweiter Advokat für das Protokoll beauftragt.

    Gerichtliche Prüfung des Verzichts

    Wenn beide Partner auf einen Versorgungsausgleich verzichten, ist das Gericht zu einer Prüfung der Vereinbarung verpflichtet. Es kontrolliert, ob der Verzicht fair ist und keine Partei dadurch benachteiligt wird.

    Ein deutlicher Nachteil wäre zum Beispiel vorhanden, wenn ein Ehepartner während der Ehe die Kindererziehung übernommen und somit keine oder wenig Versorgungsanwartschaften gesammelt hat. Bei einem Verzicht würde dieser Partner deutliche Nachteile haben.

    Änderungen beim Versorgungsausgleich

    Mit der Einführung des Versorgungsausgleichsgesetzes zum 1. September 2009 wurde der Versorgungsausgleich bei einer Scheidung erstmals mit einem eigenständigen Gesetz geregelt. Das neue Gesetz brachte viele Veränderungen beim Versorgungsausgleich.

    Alle Scheidungen, die vor dem 1. September 2009 erfolgten, werden noch nach der vorherigen Rechtsprechung behandelt.

    Diese Änderungen sind seither erfolgt:

    • Kein Einmalausgleich mehr
      Früher wurden die Versorgungsansprüche der Ehepartner durch ein kompliziertes Berechnungsverfahren zusammengelegt. Im Rahmen der sogenannten Bartwertverordnung erfolgte dann ein finanzieller Einmalausgleich. Durch den Wegfall des Einmalausgleichs solle ein gerechterer und transparenterer Ausgleich von Versorgungsanwartschaften erzielt werden. Hat ein Ehepartner zum Beispiel vier verschiedene Anwartschaften, erhält der andere Partner über den Versorgungsausgleich den entsprechenden Anteil von der jeweiligen Anwartschaft.
    • Vorrang von Vereinbarungen zwischen Ehepartnern
      Vereinbaren Ehepartner heute separate Regelungen über den Versorgungsausgleich, müssen sie nicht wie früher ein Jahr warten, bis der Scheidungsantrag gestellt werden kann. Zugleich sorgen Regelungen der Ehepartner nicht mehr automatisch für eine Gütertrennung. Ebenso entfällt die Pflicht, gesonderte Vereinbarungen, die einen Verzicht auf den Versorgungsausgleich bedeuten, durch das Familiengericht bestätigen zu lassen.
    • Vorrang der internen Teilung
      Nach der neuen Regelung werden die jeweiligen Anwartschaften und Rentenansprüche unter den Eheleuten, also intern, aufgeteilt. Die Aufteilung erfolgt pro Anwartschaft und ist reziprok. So wird die interne Teilung bei jeder Anwartschaft von beiden Eheleuten durchgeführt.
    • Einschränkung von Abänderungsmöglichkeiten
      Das neue Versorgungsausgleichgesetz hat dazu geführt, dass einzelne Bestandteile des Versorgungsausgleichs nachträglich abgeändert werden können. So ist zum Beispiel eine Änderung möglich, wenn sich Ansprüche bedeutend geändert haben. Früher musste dann der komplette Versorgungsausgleich im Rahmen einer Totalrevision neu berechnet werden.
    • Kein sogenanntes „Rentnerprivileg“ mehr
      Früher mussten beide Ex-Partner im Rentenalter sein, damit ein Partner vom Versorgungsausgleich profitieren konnte. Heute gilt dieses „Rentnerprivileg“ genannte Vorgehen nicht mehr. Die Rentenanwartschaften werden heute schon mit der rechtskräftigen Scheidung für den Versorgungsausgleich gekürzt.

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